Grüne Infrastruktur weiterentwickeln: Kleingärten fördern

Bundespolitische Forderungen des BKD

Der positive Einfluss, den Kleingärten auf sozialen Zusammenhalt, Bewahrung der Kulturtechnik Gärtnern, Klima, Biodiversität sowie auf die Lebensqualität und das Erscheinungsbild von Städten und Gemeinden haben, soll erhalten und noch weiter verstärkt werden. Daher fordert der BKD:

  • Den Schutz der Kleingärten als Grüne Infrastruktur unbedingt sichern: Festhalten am Bundeskleingartengesetz (BKleingG) in seiner bewährten Form mit wichtigen Regelungen zum Kündigungsschutz, zur Pachtpreisbindung und zur Entschädigung bei Inanspruchnahme
  • Die bedarfsgerechte Weiterentwicklung von Kleingärten durch die Kommunen fördern: Kleingärten in den Programmen der Städtebauförderung und in weiteren zukünftigen Infrastrukturprogrammen explizit als möglichen Adressaten für Maßnahmen festschrei­ben und bei der Stadtplanung mitdenken
  • Bei zukünftig anstehenden Neuregelungen der Bundeskompensationsverordnung ökologisch aufgewertete Kleingartenanlagen als Kompensations­flächen anerkennen. Entsprechende Forschungsvorhaben und Modellprojekte sollten durch die Bundespolitik gefördert werden

Kleingärten: mehr als Freizeit- und Erholungsflächen in Ballungszentren und im ländlichen Raum

Menschen profitieren von wohnungsnahen Kleingärten. Kleingärten sind unverzichtbarer Bestandteil der grünen Infrastruktur in Deutschland. Sie entfalten für ihre Umgebung eine große positive Wirkung und bieten die Möglichkeit sinnvoller Freizeitbeschäftigung in der Natur.

Kleingartenvereine als soziale Gemeinschaft. Kleingartenvereine erleichtern zwischenmenschliche Begegnung über sonst getrennte Bevölkerungsmilieus und Herkünfte hinweg. Auch können in den Gärten Menschen in Gemeinschaft, bestenfalls gesund und glücklich, statt isoliert, alt werden. Gegenseitige Hilfe und voneinander lernen gehören zum Alltag und nehmen heute durch den Generationenwechsel immer wieder neue Formen, wie im Bereich der Digitalisierung, an. Durch moderate Pachtpreise sind sie dank des BKleingG für jedermann erschwinglich. Familien finden im Kleingarten einen geschützten Ort und die so wichtigen Naturerlebnisräume für Kinder. Kleingärten verbinden alle Generationen, Nationen und gesellschaftliche Schichten.

Kleingartenvereine und -verbände: selbstorganisiert und selbstermächtigend. Die gemeinnützigen Vereine und Verbände finanzieren sich über geringe Mitgliedsbeiträge und sind größtenteils ehrenamtlich organisiert. Die anfallenden Aufgaben sind äußerst vielfältig und reichen in den Vereinen je nach Kleingartenstruktur vom Management des Pächterwechsels über Verwaltungsaufgaben bis hin zur Gartenfachberatung. Weit oben steht die „Ökologisierung“ der Kleingartenanlagen und bei den Verbänden natürlich die politische Interessensvertretung.

Kleingärtnern für den Eigenanbau. Seit mehr als 200 Jahren sind sie Teil urbaner Landwirtschaft, die in den letzten Jahren auch in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewinnt. Diese Form lokaler Lebensmittelherstellung und der damit verbundene lokale Lebensmittelkonsum sind Möglichkeiten, Transportwege und den Kohlendioxidausstoß zu verringern. Gewusst wie, kann eine Familie einen wesentlichen Teil ihres Bedarfs über den Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern decken und so im Kleingarten gesunde, ökologisch Lebensmittel lokaler Herkunft produzieren.

Kleingartenanlagen als zukunftsfähiges Modell bei der Stadtentwicklung. Die kleinen Oasen inmitten stark verdichteter Räume führen zu einem hohen Durchgrünungsgrad im Stadtgefüge. Wohnungsnahe Grün- und Erholungsflächen sorgen für eine hohe Lebensqualität in den Städten und Gemeinden. Gerade wegen steigenden Bedarfs an Wohnflächen müssen ausreichend und qualitativ hochwertige Grünflächen zur Verfügung stehen. Darum gehören Kleingartenanlagen wie öffentliche Parks, Spielplätze, Grünflächen oder Friedhöfe zur kommunalen grünen Infrastruktur. Sie sind deshalb auch für Anwohner ohne eigene Parzelle attraktive Orte der Naherholung und Entschleunigung.

Kleingärten leisten einen positiven Beitrag zum städtischen Klima und zur Biodiversität. Nachweislich findet sich auf den vielfältig gärtnerisch genutzten Flächen eine hohe Artenvielfalt an Flora, sowohl an Nutz- als auch Wildpflanzen, und Fauna wieder. Zudem tragen Kleingartenanlagen zum Klimaschutz bei, v.a. über den Kohlenstoffspeicher der humosen Gartenböden, und sorgen für ein angenehmes Mikroklima, das bis in die Nachbarschaft ausstrahlen kann und die Stadt in Hitzesommern kühlt. Die unversiegelten Flächen sind obendrein wichtige Pufferzonen bei Starkregen, die im Sinne einer Schwammstadt Wasser speichern und es bei Trockenheit wieder an die Umgebung abgeben.

Kleingartenvereine als Bildungs- und Lernorte. Ob durch organisierte unentgeltliche Seminare und die Fachberatung, informell über den Gartenzaun, die Themengärten und Lehrpfade für die interessierte Öffentlichkeit oder die vielfältigen Projekte mit Schulen, Kitas und Naturschutzverbänden: in den Kleingärten wird Bildung großgeschrieben und seit Jahrzehnten weiterentwickelt. Nachhaltiges und ökologisches Gärtnern sowie das Wissen um das multifunktionale Ökosystem Garten, Biodiversität und Insektenschutz prägen das Umweltbewusstsein der heutigen Kleingartengeneration. Dazu kommt „learning by doing“ sowohl beim Gärtnern als auch bei der Übernahme von Ehrenämtern wie z.B. als Gartenfachberaterin oder im Vereinsvorstand.

Grundlagen für eine durchgrünte Stadt. Städte und Gemeinden stünden vor einer enormen finanziellen Herausforderung, gäbe es die rund 14.000 Kleingartenanlagen deutschlandweit nicht. Denn es sind die Kleingartenorganisationen, die sich um diese für die Gesellschaft so wichtigen Grünflächen kümmern: Für rund 44.000 ha zentral gelegene und öffentlich zugängliche Grünflächen müssen die Kommunalverwaltungen oftmals keine Pflegekosten aufbringen.

Mit dem Weißbuch „Grün in der Stadt“ hat die Bundesregierung deutlich gemacht, dass die Stärkung und städtebauliche Förderung urbaner grüner Infrastruktur vor allem in den Wohnquartieren wichtig ist. Wie beim Weißbuchprozess hat sich der BKD auch bei der Entwicklung des Masterplans Stadtnatur aktiv für Kleingärten eingesetzt und deren Potenzial zur Entwicklung grüner Infrastruktur herausgestellt. Dem BKD ist es zudem gelungen, dass Kleingärten in der am 24. Juni 2021 vom Bundestag verabschiedeten Fassung im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) aufgenommen wurden. Das Gesetz fordert, dass Kleingartenanlagen neben anderen Freiräumen im besiedelten und siedlungsnahen Bereich wie Grünzügen und Parkanlagen zu erhalten und, wo sie nicht in ausreichendem Maße und hinreichender Qualität vorhanden sind, neu zu schaffen oder zu entwickeln. Damit wurde eine große argumentative Lücke zwischen ökologischer Bedeutung und dem Ignorieren dieser wertvollen Flächen im BNatSchG geschlossen.

Kleingartenanlagen müssen in ihrer Entwicklung gefördert und in ihrem Bestand bewahrt werden, denn sie sind unverzichtbarer Bestandteil grüner Infrastruktur. Ihre soziale Wirkung sollte nicht durch hohe Nebenkosten gefährdet werden.

Kleingartenwesen im Wandel

Bedarfsgerechte Weiterentwicklung. Die Nachfrage nach Kleingärten in dichtbesiedelten Ballungszentren übersteigt deutlich das Angebot. Dieser Bestand muss dort, wo Mehrbedarf besteht, durch Neuanlage aber auch Modernisierung erweitert werden. Dabei sollten auch Möglichkeiten in Erwägung gezogen werden, bei zukünftig anstehender Neuregelung der Eingriffs-Ausgleichsregelung, ökologisch aufgewertete Kleingartenanlagen bzw. Gemeinschaftsflächen als Kompensationsflächen anzuerkennen.

In dünner besiedelten Regionen mit Bevölkerungsrückgang stehen die Kleingartenvereine oftmals vor dem gegenteiligen Problem. Die bedarfsgerechte Weiterentwicklung von Kleingartenflächen muss daher beiden Herausforderungen aktiv begegnen. Es werden einerseits Strukturanpassungen gefordert, um dem Nachfragedruck in Städten zu begegnen, auf der anderen Seite sind Lösungen für die Folgen des demografischen Wandels in strukturschwachen Regionen notwendig. Betroffene Kleingartenorganisationen dürfen mit den drastischen Folgen des demografischen Wandels nicht allein gelassen werden.

Innovationsmotor Kleingartenwesen fördern. Mit Blick auf wichtige Nachfragegruppen wie Familien mit Kindern, mit ausländischen Wurzeln und Paaren nach der Familienphase und damit neuen Herausforderungen, wird in vielen Vereinen bereits heute mit innovativen Denkansätzen agiert. Modernisierung und Wandel auf der Grundlage des BKleingG wird deshalb von vielen Vereinen als Chance für eine stabile zukünftige Entwicklung betrachtet.

Der im vierjährigen Rhythmus durchgeführte Bundeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ erweist sich seit Jahrzehnten als Innovationsmotor und hat auch im Jahr 2022 unter dem Motto „Kleingärten: Stadtgrün trifft Ernteglück“ viele zukunftsfähige Lösungen und nachahmenswerte Beispiele hervorgebracht. Er fördert den Dialog mit den Menschen in den Städten und Gemeinden über ihr Verständnis von Lebensqualität und regt zum Austausch darüber an, was den Menschen in Deutschland wichtig ist.

Um die Entwicklung des Kleingartenwesens als wichtige grüne Infrastruktur nachhaltig und bedarfsgerecht zu fördern, müssen Modernisierungs- und Förderprogramme explizit für Kleingartenanlagen geschaffen und finanzielle Mittel bereitgestellt werden. Im Fokus sollten der Aus-, Auf- und Umbau und die Sicherung moderner, ökologisch ausgerichteter Kleingartenanlagen stehen.

Kleingärten als Bestandteil nachhaltiger Stadtentwicklung

Wohnungsbau und Kleingärten stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in vielen deutschen Städten wächst. Als vermeintlich attraktives Bauland sind Kleingärten in den Fokus gerückt, nicht zuletzt wegen ihrer innerstädtischen, gut an die kommunale Infrastruktur angebundenen Lage. Dabei sollten Wohnungsbau und Kleingartenanlagen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Denn: Intelligent entwickelte Kleingartenanlagen tragen zur Schaffung lebenswerter und attraktiver Wohnquartiere in Städten und Gemeinden bei.

Stärkung des Kleingartenwesens auf kommunaler Ebene. Kleingartenanlagen sind in vertrauensvoller, konstruktiver und zielorientierter Zusammenarbeit zwischen Politik, Kommunen und Vereinen als fester Bestandteil eines übergeordneten Grünsystems zu stärken, beispielsweise durch auf Dauer eingerichtete Gremien in den Kommunen.

Kleingärten als fixer Bestandteil im Portfolio der Stadtplanung. Innerhalb umweltgerechter Stadtplanung wird zunehmend auf eine Verbesserung des Stadtklimas Wert gelegt. An Kleingartenanlagen als Bestandteil öffentlicher Freiräume muss bei der Einrichtung von Parkanlagen und Freiräumen in Zukunft noch mehr gedacht werden.

Gut ausgestattete Kleingartenorganisationen. Professionalisierung ist das Schlüsselwort. Im Ehrenamt und ohne finanzielle Ausstattung lassen sich anspruchsvolle Projekte kaum realisieren. Eine auskömmliche Beitragsstruktur der Kleingartenorganisation und entsprechend engagiertes Personal, das sich auch neuen Herausforderungen gewachsen fühlt, ist unabdingbar, um neue Wege einschlagen zu können.

 Wissenschaft fördern und Kooperationen ausbauen. Seit Beginn der Auslobung des BKD-Wissenschaftspreises im Jahr 2019 wird deutlich, dass der akademische Nachwuchs das Potenzial von Kleingärten erkannt hat. Deshalb geht es darum, das vorhandene Potential zu nutzen, die Macher der Zukunft für das Kleingartenwesen zu gewinnen und Kooperationen mit wissenschaftlichen Partnern auszubauen.

Kleingärten sind wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen und umweltgerechten Stadtentwicklung. Sie funktioniert jedoch nur, wenn Bauen und Grün nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Kleingartenanlagen können zudem für den gesetzlich vorgesehenen Ausgleich in Form von Kompensations- bzw. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen genutzt werden. Bei einer anstehenden Neuregelung der Bundeskompensationsverordnung müssen Kleingartenanlagen daher berücksichtigt werden.

Schlussfolgerungen

Kleingärten haben als anerkannter Teil der modernen Gesellschaft wesentliche soziale, ökologische, wirtschaftliche und kulturelle Funktionen in Städten und Gemeinden. Der Schutz und die Weiterentwicklung von Kleingartenanlagen sind heute besonders wichtig. Das BKleingG mit seinen wichtigen Regelungen zum Kündigungsschutz, zur Pachtpreisbindung und zur Entschädigung bei Inanspruchnahme dient hier als unverzichtbares gesetzliches Fundament. Um die gesellschaftliche Akzeptanz weiter so hoch zu halten, befindet sich das Kleingartenwesen in einem Modernisierungsprozess. Unabdingbar dafür ist eine aktive Stadtplanung, die das Kleingartenwesen als wichtigen Bestandteil grüner Infrastruktur anerkennt und in die Gesamtentwicklung einbindet. Das kleingärtnerische Bildungswesen, der Bundeswettbewerb „Gärten im Städtebau“ und der „BDG-Wissenschaftspreis“ sind als wichtige Instrumente zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der urbanen Gartenkultur zu fördern. Darüber hinaus wird das neue Bundeszentrum ein wichtiger Veranstaltungs- und Lernort sein. Hier werden Fachtagungen stattfinden, sowohl verbandsintern wie auch für eine breitere Öffentlichkeit. Damit ergeben sich auch ganz neue Möglichkeiten für weitere politische Kooperationen, die der Sache der Kleingärten dienen, sei es mit anderen Verbänden oder mit staatlichen Kooperationspartnern. Letztendlich muss das Kleingartenwesen explizit Berücksichtigung in Infrastruktur- und Förderprogrammen finden und alle zuständigen Akteure gemeinsam agieren: Kleingartenverbände, Grünflächenämter, Stadtplanung und Politik müssen Strategien und Konzepte entwickeln und gemeinsam zur Diskussion stellen. Der Bundesverband der Kleingartenvereine Deutschlands e.V. wird sich den Herausforderungen bewusst stellen und den Entwicklungsprozess weiter intensiv begleiten und gestalten.

(verabschiedet am Bundesverbandstag am 09.09.2023)