Die Freiheiten des Bundeskleingartengesetzes nutzen und genießen
Gelegentlich gerät das Kleingartenwesen durch seine vermeintlich „strengen Regeln“ und Auflagen in die Kritik. Außenstehende stellen sich manchmal die Frage „Stimmt es, dass man sich in Kleingärten an strenge Regeln halten muss?“. Auch das Bundeskleingartengesetz mit seinen scheinbar einschränkenden Bestimmungen gerät dabei gern in den Fokus der Diskussion.
Das Bundeskleingartengesetz kann als Fundament des bundesweiten Kleingartenwesens verstanden werden und legt seit seinem Inkrafttreten am 1. April 1983 die einheitlichen Rahmenbedingungen für die Kleingärten in Deutschland fest. Bestimmungen zur Pflanzenauswahl, Heckenhöhe oder Teichgröße sucht man im BKleingG allerdings vergeblich. Kleingartenvereine bzw. die Stadt-, Kreis-, Bezirks- und Regionalverbände, die als Verpächter die Kleingärten verpachten, haben hingegen innerhalb ihrer Satzungen, Gartenordnungen oder Pachtverträge die Möglichkeit die in ihrer Anlage geltenden Rechte und Pflichten genauer zu definieren. Diese gehen dann über die gesetzlichen Vorschriften des BKleingG hinaus und zielen vor allem darauf ab, dass alle Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ihrem Hobby mit Freude und vor allem für lange Zeit nachgehen können.
Wer die Gartenordnung eines Kleingartenvereins genauer studiert, wird feststellen, dass bestimmte Bereiche stärker reguliert sein können. Das kann Außenstehende natürlich erst einmal erschlagen und zweifeln lassen, ob Selbstverwirklichung auf der eigenen Parzelle überhaupt möglich ist. Die Regelungen, egal ob im BKleingG, den Satzungen oder Gartenordnungen der Vereine, haben immer einen Grund:
Muss ich im Kleingarten Obst und Gemüse anbauen?
Wer es liebt sein eigenes Obst und Gemüse anzubauen, ist in einem Kleingarten am richtigen Ort. Denn zentrales Merkmal des Kleingartens ist der Anbau von Obst, Gemüse und anderen Früchten und das wird vom Gesetzgeber auch verlangt. In §1 des BKleingG wird gleich zu Beginn definiert, was unter einem Kleingarten zu verstehen ist. Vordergründig dient dieser der nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung. Hintergrund ist, dass sich Kleingartenland an den ortüblichen Pachtpreisen des erwerbsmäßigen Obst- und Gemüseanbaus orientiert (siehe Kasten). Folglich muss die Nutzung des Bodens auch entsprechend erfolgen. Eine gewisse Affinität und Leidenschaft für das Gärtnern im Obst- und Gemüsebeet ist also unabdingbar, wenn man einen Kleingarten pachten möchte – das sollte jedem bewusst sein, der sich dafür entscheidet. Schließlich meldet man sich auch nicht in einem Tennisverein an, um dann Fußbälle ins Netz zu kicken.
Warum soll meine Laube nicht größer als 24 Quadratmeter und einfach ausgestattet sein?
Im §3 BKleingG ist bundeseinheitlich festgelegt, dass „eine Laube in einfacher Ausführung mit höchstens 24 Quadratmetern einschließlich überdachtem Freisitz zulässig“ ist. Doch warum gibt es diese Festlegung? Kleingartenland dient, wie eingangs beschrieben, in erster Linie dem Anbau von gartenbaulichen Erzeugnissen – und nicht ausschließlich der Erholung, wie es u.a. bei Wochenendhausgebieten der Fall ist. Kleingärten sind zu sehr günstigen Konditionen zu pachten (siehe Kasten), was dann im Umkehrschluss auch einige Bedingungen mit sich führt. Kleingärtnerische Flächen fallen unter Grünflächennutzung und sind damit kein Bauland. Gebäude zu errichten, die Wohnzwecken dienen, ist also nicht erlaubt. Eine einfache Laube hingegen, die in erster Linie der kleingärtnerischen Nutzung dient, kann pro Parzelle auf bis zu 24 Quadratmetern errichtet werden. Würden statt einfacher Lauben, Häuser gebaut werden, die qualitativ Wochenendhäusern entsprechen, wären die Ablösesummen nicht mehr bezahlbar und die Kleingärten würden ihre soziale Bedeutung verlieren. Zudem ist es wichtig, dass in einem Kleingarten nicht mehr gebaut wird, als gestattet ist. Das kann zur Folge haben, dass eine Kleingartenanlage dann nicht mehr als solche angesehen und einer anderen Bodennutzung zugeordnet wird, z.B. Bauland.
Vor allem in Ballungszentren werden die Kleingartenanlagen wegen ihres geringen Versiegelungsgrades geschätzt. In mitten stark bebauter Städte bringen Kleingartenanlagen nicht nur frischen Wind in aufgeheizte Städte, sie sorgen auch dafür, dass Regenwasser versickern kann und wieder dort landet, wo es gebraucht wird: im Boden.
Warum sind die Ruhezeiten im Kleingarten so streng geregelt?
Ein gewisser Geräuschpegel bei der Gartenarbeit ist ganz normal. Der Rasen muss gemäht, die Hecke geschnitten und der Astschnitt geschreddert werden. Und auch der soziale Umgang miteinander in selbstverständlich. Spielende Kinder prägen das Bild genauso wie Menschen, die sich miteinander unterhalten. Da dem Kleingartenwesen in Deutschland allerdings viele Millionen Menschen angehören, ist eine gewisse Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse der anderen eine Notwendigkeit. Im BKleingG sind keine Regelungen zu Ruhezeiten getroffen. Innerhalb der Geräte- und Maschinenlärmschutz-Verordnungen der Länder hingegen, ist festgelegt, zu welchen Uhrzeiten bestimmte Geräte im öffentlichen und privaten Bereich nicht zum Einsatz kommen dürfen. Kleingartenvereine können innerhalb ihrer Gartenordnungen oder Satzungen zusätzlich zu diesen Zeiten gesonderte Ruhezeiten festlegen, zum Beispiel rund um die Mittagszeit. Als typisch kleingärtnerische Regel kann man die Festlegungen von Ruhezeiten jedenfalls nicht bezeichnen, denn auch in anderen Bereichen, in denen Menschen auf kleinem Raum zusammenkommen, gibt es Vorgaben für Ruhezeiten, an die sich jeder halten muss, wie beispielweise in Mietwohnungen.
Warum muss ich meine Hecke auf ein bestimmtes Maß stutzen?
Bei dieser Thematik ist es gut zu wissen, dass Kleingartenanlagen als Teile des Grünflächensystems der Städte und Kommunen öffentlich sind. Öffentlich bedeutet, dass sich auch Anwohner, die keinen Kleingarten haben, über das Blühen, Summen und Brummen in den Kleingärten der Nachbarschaft erfreuen können sollen. Offen gestaltete Anlagen mit Wohlfühleffekt tragen maßgeblich zu einer gesteigerten Lebensqualität, aber auch zu einer größeren Akzeptanz von Kleingartenanlagen im Wohnumfeld bei. Gespräche über den Gartenzaun, führt man am besten von Angesicht zu Angesicht, anstatt durch dichtes Dickicht. Das BKleingG trifft zum Thema maximale Heckenhöhe im Übrigen keine Aussage. Denn es ist kaum möglich eine allgemeingültige Formulierung zu finden, die sich auf die über 13.500 Kleingartenvereine im Land anwenden lässt. Die Gegebenheiten der zahlreichen Anlagen sind einfach zu unterschiedlich. In manch einer Anlage wird sogar bewusst auf Zäune und Hecken verzichtet. Wie hoch die Hecken in den Anlagen letztendlich sein dürfen, legt also nicht das BKleingG fest, sondern das vor Ort geltende Regelwerk.
Regeln gibt es überall – unsere sind nicht die strengsten
Die Summe aus Vorschriften des BKleingG sowie der vor Ort gemachten Regeln in den Verbänden und Vereinen erscheint für Außenstehende im ersten Augenblick groß. Sie erfüllen jedoch ihre Zwecke. Dank der Regelungen gibt es bis heute hunderttausende Kleingärten in Deutschland, in denen Obst, Gemüse, Kräuter und andere gartenbauliche Erzeugnisse mit sehr viel Engagement und Herzblut angebaut werden. Über die gesetzlichen Bestimmungen des BKleingG hinaus, sind es die etwa 13.500 Kleingartenvereine, 500 Stadt-, Kreis-, Bezirks- und Regionalverbände und 20 Landesverbände, die verantwortlich dafür sind, dass die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner ihre Kleingärten auf Dauer genießen können. Die sinnvollen und machbaren Regelungen aus BKleingG, Satzungen und Gartenordnungen sind letztendlich zum Vorteil aller und nicht in erster Linie als Be- oder Einschränkungen zu betrachten – im Gegenteil: sie geben der kleingärtnernden Gemeinschaft das gute Gefühl in ihren Kleingärten einen sicheren Ort von dauerhaftem Bestand gefunden zu haben, in dem sich der Mensch frei fühlen und die Vorzüge eines der beliebtesten Hobbies bundesweit vollends genießen und ausleben kann. Letztendlich trägt jeder einzelne dazu bei, dass Kleingärten in unseren Städten und Gemeinden trotz zunehmender Flächennutzungskonkurrenz bewahrt werden und in ihrem Bestand erhalten bleiben.
Dieser Beitrag erschien auch in DER FACHBERATER, Dezember-Ausgabe 04/2021