Markenzeichen Obst und Gemüse: Warum ein Kleingarten das Familienbudget entlastet
Ertragsbilanz zur Produktion von Bio-Lebensmitteln zum Eigenbedarf am Beispiel einer 321 Quadratmeter großen Kleingartenparzelle in der Anlage “Schöne Aussicht” Leverkusen
Bereits vor 200 Jahren erfüllten Kleingärten auch weniger privilegierten Menschen den Traum vom eigenen Stück Grün: oft bescheiden, aber stets von unschätzbarem Wert. Den Kleingarten prägt seit seiner Entstehung vor allem der Anbau von Obst und Gemüse; Erholung und Aufenthalt an frischer Luft waren stets inklusiv.
Waren in früheren Zeiten Höchsterträge das Ziel der Kleingärtner, steht heute die Qualität der produzierten Lebensmittel im Fokus. Selbst gezogenes Obst und Gemüse hat in unserer Konsum- und Skandalgesellschaft die Aura des Besonderen, denn wer wirklich gesunde Lebensmittel ernten will, muss ökologisch und nachhaltig wirtschaften. Für moderne junge Städter gehört der Kleingarten inzwischen zum urbanen Lebensgefühl. Für Haushalte mit kleinem Einkommen macht er Nahrungsmittel in Bio-Qualität erschwinglich. Deshalb trägt ein gut bewirtschafteter Kleingarten auch im 21. Jahrhundert zur Eigenversorgung mit Nahrungsmitteln bei und wird seiner Definition weiterhin gerecht: er dient dem Anbau von Obst und Gemüse für den Eigenbedarf. Da in Kleingärten fast ausnahmslos ökologisch gegärtnert wird, führt der Eigenanbau zwangsläufig zu saisonalem und regionalem Genuss und unterstützt nachhaltigen Konsum. Geschickt geplant, entlastet er jede Haushaltskasse spürbar.
Das vorliegende Material basiert auf Angaben des Autors Norbert Becker, Fachberater im Landesverband Rheinland der Kleingärtner, der im Jahr 2017 auf einer 321 Quadratmeter großen Kleingartenparzelle in der Anlage „Schöne Aussicht“ in Leverkusen Bilanz im Obst- und Gemüseanbau zog. Da der Kleingarten ökologisch bewirtschaftet wird, kommen weder chemisch-synthetische Pflanzenschutz- noch Düngemittel zur Anwendung. Schädlings- und Krankheitsbefall wird grundsätzlich durch vorbeugende Maßnahmen, wie Arten- und Sortenwahl, standortgerechte Pflanzung und Fruchtfolge reduziert, ergänzt durch Nützlingsförderung oder die Anwendung biotechnischer Verfahren. Gedüngt wurde nur mit eigenem Kompost und Hornspänen.
Der fiktive finanzielle Ertrag durch Erntegut und Verarbeitungsprodukte beträgt mehr als 1.120 Euro. Nach Abzug der Aufwendungen zur Bewirtschaftung erzielte der Kleingarten ein Ergebnis von 710 Euro. Für eine Familie mit knappem Budget kann dieser Betrag einen großen Unterschied bei der Frage ausmachen, wie weit soziale Teilhabe möglich ist.
Ausdrücklich unberücksichtigt bleibt in der vorliegenden Rechnung die im Bundeskleingartengesetz als Bestandteil der kleingärtnerischen Nutzung zugeordnete Erholungsnutzung. Eine finanzielle Bewertung dieser Erholungsnutzung würde den Ertrag, den ein Kleingarten abwirft, deutlich erhöhen.
Noch deutlicher wird der positive Beitrag eines Kleingartens zum Haushaltsbudget nämlich beim Blick auf Feiern, die in einer kleinen Geschosswohnung für eine Familie oft nicht auszurichten wären: Allein bei einer einzigen Einschulungsfeier mit rund 20 Gästen beträgt die Ersparnis gegenüber einer Feier in einem Restaurant oder Kaffeehaus schnell einige Hundert Euro. Auch ohne etwas zu konsumieren hat die Erholung im Grünen oftmals ihren Preis: In Berlin kostet die Jahreskarte der landeseigenen Grün Berlin GmbH für eine Familie mit drei Kindern 105 Euro. Nur so ist der Zutritt zu allen gepflegten Garten- und Parkanlagen Berlins möglich.
Im Kleingärtnerverein ist dagegen alles inklusiv: Feste und Veranstaltungen, guter Rat vom Vereinsfachberater und erst recht der Aufenthalt. Kleingärten bieten Erholung im Grünen für alle Städter und leisten gleichzeitig einen positiven Beitrag zum Haushaltseinkommen.
Arbeitsgruppe Fachberatung, Berlin, 01.11.2017