Reform des europäischen Saatgutrechts
Die Europäische Kommission legte am 6. Mai 2013 den Entwurf einer Verordnung zur Neuregelung des Saatgutrechts vor, die künftig zwölf EU-Richtlinien und deren Umsetzung in 27 nationalen Saatgutgesetzen ersetzen soll. Alte und regionale Obst-, Gemüse-, Getreide- und Hackfruchtsorten, vor allem aber die Kulturpflanzenvielfalt in den Gärten und auf den Äckern Europas steht damit auf dem Spiel.
Der Anbau nicht lizenzierten Saat- und Pflanzgutes in Haus- und Kleingärten bleibt entgegen anfänglicher Befürchtungen laut EU weiterhin uneingeschränkt möglich, der freie Tausch von Saatgut könnte jedoch erschwert werden.
So kann es für Hobbygärtner zukünftig schwieriger werden, alte und rare oder regionale Pflanzensorten zu erwerben. Viele Gartenfreunde bauen solche Sorten an. Sie beziehen ihr Saat- und Pflanzgut von Klein- und Kleinsterzeugern, auf Pflanzenmärkten, in Raritäten- und Tauschbörsen.
Ein Großteil der Haus- und Kleingärtner erwirbt sein Saatgut in Garten- und Baumärkten. Der Fachhandel darf auch für den Privatgebrauch nur Samen verkaufen, der ein teures Zulassungsverfahren hinter sich hat. So kann zum Beispiel das Zulassungsverfahren für eine einzige Tomatensorte den Züchter künftig bis zu 12.000 Euro kosten. Viele kleine Saatguthersteller können sich die Lizenzierung nicht mehr leisten, der Markt wird zunehmend von großen Herstellern dominiert. Das wirkt sich nicht nur auf die Saatgutpreise aus, sondern hat gleichzeitig zur Folge, dass immer mehr Hybrid-Sorten auf den Markt kommen, die sich nicht weitervermehren lassen.
Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde sieht den Bestand alter Sorten durch die EU-Saatgutverordnung gefährdet. Er setzt sich als Vertreter von einer Million Kleingärtnern dafür ein, alte und seltene Sorten zu erhalten und die biologische Vielfalt zu schützen.
In zahlreichen Biodiversitäts-Projekten und -Aktionen fördern vor allem Kleingärtner die Erhaltung alter und rarer Sorten. Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde zeigte in einer Studie aus dem Jahr 2008, dass Kleingärten nicht nur der Erholung dienen, sondern wesentlich zur Erhaltung der biologischen Vielfalt beitragen. In drei Jahren wurden 83 Kleingartenstandorte mit einer Gesamtfläche von 50 Hektar untersucht: Mehr als zweitausend Kulturpflanzenarten werden in Kleingärten angebaut! Sie haben damit eine signifikant höhere Pflanzenvielfalt als andere urbane Grünflächen.
„Erhaltung durch Nutzung“ ist Selbstverständnis und ein wichtiger Beitrag der Gartenfreunde zur Bewahrung der Kulturpflanzenvielfalt und der Biodiversität in Deutschland. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, appelliert der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde an die Regierung der Bundesrepublik und alle politischen Akteure, sich dafür einzusetzen, den Marktzugang für Saat- und Vermehrungsgut sowohl von Obst und Gemüse als auch alter landwirtschaftlicher Sorten weiter zu entbürokratisieren.
Der BDG setzt sich ein für mehr Vielfalt und Beteiligung von Bauern, Gärtnerinnen, Züchtern und vielen kleinen und mittleren Unternehmen sowie Interessenvertretern in Europa. Nur so können sich Landwirtschaft und Gartenbau an veränderte Umweltbedingungen und Verbraucheranforderungen selbstbestimmt anpassen.